Dienstag, 8. November 2011

Das falsche Spiel mit dem Fairplay-Gedanken

Fairplay. Ein heikler Begriff, der nicht nur im Fußball zu finden ist. Doch genau dieser Begriff ist es, der in den letzten Monaten oder Jahren zu hinterfragen ist.
Fair Play (oder „Fairplay) ist ein Begriff, der ein bestimmtes sportliches Verhalten kennzeichnet, das über die bloße Einhaltung von Regeln hinausgeht. Es beschreibt eine Haltung des Sportlers, und zwar die Achtung des bzw. den Respekt vor dem sportlichen Gegner sowie die Wahrung seiner physischen und psychischen Unversehrtheit. Der sportliche Gegner wird als Partner gesehen oder zumindest als Gegner, dessen Würde es zu achten gilt, selbst im härtesten Kampf.
So lautet die Begriffserkläung auf Wikipedia.

Im Fußball gilt folgende "Regel". Sollte sich ein Spieler ernsthaft verletzen und das Spiel nicht ohne ärztliche Behandlung sofort fortsetzen können, wird das Spiel durch einen Pfiff des Schiedsrichters unterbrochen. Sollte das nicht passieren (denn der Schiedsrichter ist dazu nicht verpflichtet), sieht es der Fairplay-Gedanke vor, dass die Mannschaft im Ballbesitz das Spielgerät absichtlich aus dem Spielfeld befördert, damit das Spiel unterbrochen wird.

Soweit so gut. "Gehört" sich ja. Ist ja "unfair" wenn man einen Angriff startet, während die gegnerische Mannschaft in Unterzahl verteidigt und darüberhinaus ein Spieler mit Schmerzen auf dem Boden liegt und auf medizinische Betreuung wartet. Daher die ganz einfache "Tradition": Liegt ein gegnerischer Spieler auf dem Boden, spielt man den Ball raus. Oder auch nicht. So zwei mal innerhalb einer Woche in der österreichischen Bundesliga passiert.

Hütteldorf. Rapid gegen Sturm. Spielstand 3:2. Ein Spieler des SK Sturm geht im Rapid-Strafraum zu Boden, Sturm selbst spielt weiter, der Ball kommt zu Rapid-Goalie Payer, der den verletzten Spieler am Boden liegen sieht und den Ball ins Out schießen möchte, was jedoch nicht ganz gelingt, denn der Ball landet bei einem Sturm-Spieler. Der Schiedsrichter unterbricht das Spiel, der Grazer wird behandelt, es gibt Schiedsrichterball. Doch anstatt den Ball an Rapid zurückzugeben, startet Sturm einen Angriff. Gellendes Pfeiffkonzert im Stadion.

Und jetzt die Fragen, die man sich stellen muss. Ist es falsch von Sturm, dass sie weiterspielen, obwohl ihr Kollege verletzt am Boden liegt? Ist es falsch, dass Sturm den Ausschuss von Payer, der ins Out gehen soll, abfängt? Ist es falsch, dass Sturm den Schiedsrichterball nicht Rapid zurück gibt sondern einen Angriff startet? Oder ist das alles verständlich? Immerhin geht es um ein wichtiges Fußballmatch, Punkte im Kampf um den Europacupplatz und - logischerweise - einen Haufen Geld. Oder sollte die Mannschaft im Ballbesitz (also in diesem Fall Rapid) das Spiel einfach weiterführen, bis der Schiedsrichter das Spiel gegebenenfalls unterbricht?

Ein ähnliches Beispiel passierte vor einigen Tagen in Favoriten beim Spiel der Wiener Austria gegen Innsbruck. Ein Wacker-Spieler liegt verletzt am Boden - Innsbruck schießt den Ball ins Out - der Spieler wird behandelt - Einwurf für die Austria, die den Ball jedoch nicht zurück gibt sondern einen Angriff startet. Der Spielstand: 2:1 für Wacker, ebenfalls kurz vor Schluß.

Was nicht unerwähnt bleiben darf wenn man solche Fragen in den Raum wirft: Wie oft ist der Spieler der am Boden liegt wirklich verletzt? Wie oft möchte der Spieler in solchen Situationen seinem Team einfach nur Zeit verschaffen? Simulieren Spieler und täuschen sie Verletzungen vor, um gegnerische Angriffe absichtlich zu unterbrechen? Wann ist ein Spieler wirklich verletzt, wann simuliert er? Dies zu erkennen, ist weder für Schiedsrichter noch für die Spieler des gegnerischen Teams einfach. Doch spielt man weiter, lässt den Gegner am Boden liegen und erzielt in Überzahl ein Tor? Tritt man den Fairplay-Gedanken mit Füßen?

Das alles sind Fragen, die ich weder beantworten kann noch möchte. Dieses heikle Thema wird mit Sicherheit präsent bleiben. Denn solange weiterhin die "Unart" (verletzt am Boden liegen und darauf warten, dass der Ball ins Out gespielt wird um nach einer kurzen Behandlung sofort wieder aufzuspringen und dem Schiedsrichter zu signalisieren, dass man wieder aufs Spielfeld möchte) von manchen Spielern praktiziert wird, wird es immer Diskussionen um das Thema "Fairplay" geben.

Ein interessantes Interview mit Schiri-Legende Fritz Stuchlik führte übrigens sport10.at im Februar diesen Jahres. Auch er spricht davon, dass das Problem der simulierten Verletzungen häufig aus taktischen Gründen stattfindet und somit keine Mannschaft erwarten sollte, dass der Ball ins Out gespielt wird.

1 Kommentar:

  1. Guter Beitrag. Ich wäre grundsätzlich dafür, IMMER weiterzuspielen und das abpfeifen dem Schiedsrichter zu überlassen. Der muss dann natürlich genau schauen, damit nicht sowas wie bei Petr Cech 2006 passiert (da wurde weitergespielt und er hatte einen Schädelbasisbruch), aber das passiert extrem selten. Normalerweise sind das alles gefakte Verletzungen...
    Zweite Möglichkeit: Wenn der Spieler gleich wieder aufsteht, muss er drei Minuten draußen bleiben. So schnell kann man gar nicht schauen, wie die aufhören, da rumzuliegen.
    Dritte Möglichkeit: Konsequente Einhaltung der Nachspielzeit. der SR schaut wirklich auf die Uhr und lässt im Bedarfsfall halt 10 Minuten nachspielen. Wenn die so deppat sind und Zeit schinden...

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